Montag, 10. Januar 2005

Nummer 15

Die Saftigkeit der Jugend am Land: Ron und Aska Hepolampi (tät mich interessieren, wie es dem heute geht. Man weiß ja viel zu wenig vom Leben Aska Hepolampis.)


Im Wald

Biken... fährt.


Oft fragen mich junge Menschen: "Lieber Ron, wie ist es da, wo du herkommst? Ist es da schön oder schiach?" Weil ich nur ungern lüge, sage ich dann immer: "Schön."
Da, wo ich herkomme, ist ein halbes Jahr lang Winter und ein halbes Jahr lang Sommer. Dann ist das Jahr vorbei.
Der Sommer ist sosehr Sommer, dass die Sonne sich nicht untergehen traut, weil es sonst kein echter Sommer wäre. Auch zu Mitternacht scheint sie, was findige Menschen dazu genutzt haben, sie danach zu benennen. Da kann ich nix dafür.
Wo ich aber schon was dafür kann, sind die Rennen zu Mitternacht. Echte Rennen, wo es um was geht, nicht um solche Kleinigkeiten wie Pokale oder Weltcuppunkte, sondern um was Echtes, nämlich um Frauen. Jaja, Frauen.
Ungefähr gehen die Rennen so: Am Donnerstag macht man sich was aus mit einem, der sagt, dass er sich mit dem Mountainbike und der Frau auskent, am Freitag brennt man ihn her und am Samstag macht man sich einen schönen Samstag - zu zweien. Der angebliche Auskenner ist nicht dabei, weil er hundertmal schreiben muss: "Perkelino war schneller."
Was die Rennen spannend macht, sind die Touristen. Obschon sich viele der Menschen nicht recht auskennen mit der Schönheit, verirren sich doch etliche auf die Berge, welche hier gemeint sind. Ich sage ja immer, Gelsen und Krauts kommen überall hin, die einen sind halt kleiner, die anderen dafür lästiger. Dennoch darf einer nie zum Barbar werden. Es gilt die Grundregel: Gelsen zerschellen an der Brust, die anderen nirgends. Widrigenfalls droht Disqualifikation.
Unser Berg ist der höchste der Koli-Berge, gelegen am wunderschönen Pielinen-See, mit der anmutigen Ortschaft Ahmovaara auf der anderen Seite. Anmutig sind auch die Ahmovaararinnen. Aber das brauch ich ja eh keinem zu erzählen.
Wiewohl nur 347 Meter hoch, sind die Koli-Berge trotzdem eine Haerausforderung oder Challenge, wie man halt sagen will. Das deshalb, weil sich glatter Fels, abgeschliffen von urzeitlichen Gletschern, mit Holz-und Steinstufen abwechselt und der Wanderweg auf den Gipfel so eng ist, dass hier die Grundregel gilt: Gut hat's, wer vorn ist. Überholen kannst du nur durch die Milz vom Vordermann, zum Beispiel durch die von Aska Hepolampi, sollte einem der Rennverlauf einen Aska Hepolampi von dem Lenker beschert haben.
Wer Aska Hepolampi nicht kennt: Zwei Jahre älter als ich, einen halben Kopf kleiner und ein Nurmi von einem Bären. Dazu ein Fremder der Furcht und hell im Geiste wie der finnische Winter. Einen übleren Burschen als Aska kann sich keiner wünschen im Duell um die anmutigen Ahmovaararinnen.
Und prompt hat er den Start gewonnen, weil ich mit den Gedanken noch im Ahmovaara gewesen bin, mindestens, wenn nicht gar in Lieksa, Hattuvaara oder noch weiter weg, in Möhkö vielleicht, welches hart an der russischen Grenze sich befindet. Da muss man seine Gedanken ganz schnell wieder herbeipfeifen und an die Leine nehmen, damit der Samstag kein fader wird und du abends mit dem Dackel des ahmovaararischen Bürgermeisters spazieren gehen kannst, bestenfalls.
Weiters wurde die Bremse scheunentorweit geöffnet und die Tretkurbel ausgewrungen wie die Socke von Tom Cruise im Lichtspiel "Cocktail." Das machte Aska auch. Und: Er war vor mir. Überholen nur durch die Milz. Aber ich war mir nicht sicher, ob Aska sowas hat. Dem fehlt viel.
Viel hätte auch nicht gefehlt, dass ich die Lücke genutzt hätte, die er einmal kurz aufgemacht hat: In einer Linkskurve war er viel zu weit außen, schon wollte ich meine Gabel in die Lücke stecken, da steckte ein verirrter Tourist mit Fotokamera seine Nase aus der Kurve.
Grundregeln gehören befolgt. Physikalische Regeln auch. Aus einem blockierten Vorderrad, zu viel Geschwindikeit und Steinstufen folgt: Abgang. Im speziellen Fall: Abgang mit Doppelsalto, wiewohl stilistisch nicht einwandfrei, so doch von enormem Luftstand.
Den Samstag verlebte ich nicht in Ahmovaara, sondern in Bewusstlosigkeit.

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